Ich bin ein Mensch, der viele Pläne macht, und in der Regel erreiche ich auch eine ganze Menge davon. Selbständigkeit, Familie, Ernährung, Beziehung, Urlaub, Fitness, Bloggen – ich stell mir oft die Frage, wie der richtige Weg aussehen könnte, und dann marschiere ich los und komme oft an, anstatt nur zu labern.
Dieses Jahr ist das anders. Dieses Jahr mache ich für nächstes Jahr den Plan, keine Pläne zu machen.
Ich weiß nicht, ob es an der Pandemie liegt oder einfach an meiner persönlichen Gestressheit. Wir alle haben wahrscheinlich inzwischen Probleme damit, das eine randscharf vom anderen zu unterscheiden. Aber Ziele fühlen sich aktuell für mich so an wie das dritte Stück Sahnetorte im Café – grundsätzlich geil, aber unweigerlich mit Bauchschmerzen verbunden. Daher sieht der Plan für 2022 folgendermaßen aus:
Ich gehe los und gucke, wo das Jahr mich hinführt.
Ich genieße den Weg und bewundere den Ort, an dem ich ankommen werde. Natürlich habe ich trotzdem ein bisschen was vor, und in ein paar Pläne möchte ich euch gerne einweihen. Vielleicht inspirieren sie euch ja selbst (keine großen) Pläne zu machen, wer weiß.
Was ich 2022 lernen möchte.
Ich bin ein Mensch, der ständig irgendwas lernt, und während ich das hier aufschreibe klingt das zurecht ein bisschen streberhaft. Ich bin stolz drauf, dass ich zum Beispiel diesen Blog hier fast ohne technische Unterstützung hinbekomme (danke, Georgios) oder meinen Kunden modernsten Content bieten kann, statt mit fünfzig Jahren irgend einen Neunzigerjahre-Kram zu verkaufen. Aber ich kann mich schlecht auf ein paar Themen fokussieren, was das Ganze dann auch massiv anstrengend macht.
Meine Freundin Petra hat letztens gesagt: „Übe viel und lerne wenig“. Das habe ich mir zu Herzen genommen und möchte nächstes Jahr genau zwei Sachen üben: Golf und Pilates, und sonst gar nix. Es kommt sicher nicht von ungefähr, dass beides nicht im Geringsten mit Schreiben oder Computerarbeit zu tun hat. Ich habe dieses Jahr so unglaublich viel vor dem Bildschirm gesessen und so viel Gutes mitgenommen und gelernt, dass das alles jetzt ruhig einmal ein paar Monate sacken kann. „Wer loslässt hat beide Hände frei“, sagt man ja so schön. Ich gedenke, im Kopf loszulassen und mit den Händen ein paar Golfbälle aufzusammeln.
Was ich 2022 loslassen möchte.
Seit ich selbständig bin – immerhin seit über drei Jahren – werde ich ein echt fieses Gefühl nicht los, obwohl es mir manchmal komplett kurios erscheint. Ich nenne es jetzt einmal das „frustrierte Arbeitnehmer-Verbissenheits-Gefühl“. Dazu gehört, dass ich brav frühmorgens mit meiner Texterinnen-Arbeit anfange und ein schlechtes Gewissen habe, wenn ich mir mal ein paar Stunden Freiheit für andere kreative Dinge nehme. Und zwar auch dann, wenn ich am Wochenende gearbeitet habe.
Ich lebe oft, als wenn ein imaginärer Chef hinter mir stünde und hab die Stempelkarte quasi ins Hirn eingebrannt, obwohl ich noch nie in meinem Leben eine von Nahem gesehen habe. Und das macht mich inzwischen 24/7 ziemlich verbissen. Deshalb werde ich ein paar Arbeitsroutinen, die mir damals offenbar einfach aus der Agentur hinterhergelaufen sind, loslassen. Haut ab und werdet ohne mich glücklich. Und nehmt diese komische Berufstätige-Mutter-Krankheit mit, in Allem immer schnell sein zu wollen. So viele Dinge und Projekte haben es verdient, dass ich mich wieder richtig und intensiv mit ihnen beschäftige – von den Menschen um mich herum mal ganz zu schweigen.
Was ich weiterentwickeln möchte.
Ganz klar diesen Blog. Ich sitze gerade am Relaunch, und dieser wird im Januar hoffentlich über die Bühne gegangen sein. Dann gedenke ich den Rest des Jahres stolz auf mich zu sein und aus Spaß tolle Artikel zu schreiben. Ich freu mich riesig darauf, und ich hoffe natürlich, dass es euch genauso geht.
Worauf ich achten möchte.
Ich bin eine unglaublich gute Theoretikerin, was Achtsamkeit und Fokus angeht. Aber wenn mich jemand fragen würde, wo ich lebe, dann muss ich sagen: überall, nur nicht im Moment. Wer nicht im Moment lebt, kann jedoch bestenfalls über die Vergangenheit schmunzeln und über die Zukunft philosophieren, aber er kann nicht schallend in der Gegenwart lachen. Mein Leben und ich sollten einfach wieder mehr im Jetzt stattfinden und lockerer sein. Übrigens sind in diesem Zusammenhang Pilates und Golf nicht ganz zufällig gewählt, weil beide ein hohes Maß an persönlicher Achtsamkeit und Fokus erfordern.
Sei es drum: Letzte Woche habe ich mir aufgrund eines passenden Zitats ein Lieblingsbuch des Kaffeehaussitzers bestellt, nämlich Sven Regeners »Herr Lehmann«. Dort steht: »Ich gehe erst einmal los, dachte er. Der Rest wird sich schon irgendwie ergeben.«
Genau das werde ich auch machen. 2022 losgehen und die Landschaft bewundern. Wer sagt eigentlich, dass man nur mit Zielen wirklich ankommen kann.
2 Kommentare
Liebe Nina, toller Beitrag- Du sprichst mir aus dem Herzen! Diese imaginäre Stempelkarte und auch dieses „schnelle Mutterding“ kenn ich nur zu gut. Werde mir das mit dem „im Jetzt“ auch mehr zu Herzen nehmen müssen ?. Ich habe vor ca 20 Jahren auch Golf gespielt und auch eine Pilatestrainerausbildung, beides tolle Sportarten, allerdings bin ich dabei immer über meinen Perfektionismus gestolpert, was es dann stressig gemacht hat. Ich wünsche Dir schöne Weihnachten und ein großartiges 2022 und viel Spaß bei Deinen „Nicht-Plänen“. Liebe Grüße Isabel
Liebe Nina, toller Artikel. Lesens- und nachdenkenswert. Pläne für 2022 – keinen Plan. Andere denken von mir immer, ich wäre enorm zielstrebig. Dabei bin ich das gar nicht, nur das was ich tue, mache ich mit Leidenschaft. Für 2022 wünsche ich mir mehr eigene Pläne und weniger Fremdsteuerung. Lerne wenig, übe viel – Yoga und singen. 2 Dinge die ich nur für mich mache, das gerne öfter und intensiver. Frohe Weihnachten ?