Ich hab mir gestern dreimal hintereinander einen Beitrag von Agefluencerin und Bestseller-Autorin Greta Silver auf Instagram angesehen, weil er mich ungemein inspiriert hat. Darin geht es ums „Loslassen, wenn du merkst, dass etwas wirklich vorbei ist“.
Greta führt ein paar Alltagsmomente an, aber auch den frühen Tod ihres Vaters, und ich glaube wir alle kennen dieses physische oder auch nur mentale Verharren in Situationen, selbst wenn wir längst spüren oder schlichtweg wissen, dass sie vorbei sind – dass das Gute darin sich bereits verflüchtigt hat, dass der Drops sowas von gelutscht ist oder wie auch immer du es ausdrücken willst.
Du hältst es fest – und merkst es vielleicht nicht einmal.
Beim Sehen und Hören dieses Beitrags (siehe unten) sind in mir drin zwei Dinge passiert. Ich habe mich 1. ertappt und 2. plötzlich sehr viel besser gefühlt. Ertappt, weil ich mich fünf Minuten vorher am Telefon bei meinem Mann darüber ausgelassen hatte, dass meine harmonische Kindheit und Jugend – diese Bilderbuch-Harmonie bis in meine Dreißiger hinein – heute vorbei ist.
Ertappt auch deshalb, weil ich eine Meisterin des Festklammerns und Hoffens bin, dass die Zeit der totalen Harmonie noch mal wiederkommt. Dazu müssten aber ein paar Dinge gleichzeitig passieren, Entscheidungen müssten nie getroffen worden sein und Gespräche nicht geführt, gekrönt von der wundersamen Auferstehung meines eigenen Vaters von den Toten.
Bei vielem, was vorbeigeht, ist es eine Frage der Zeit, anderes zerschellt einfach am Leben.
Das Leben produziert auch mal Scherben, und wir alle gehen damit um.
Wer schon mal versucht hat, eine zerbrochene Tasse wieder zusammenzuleimen, der wird wissen, dass man die Bruchkanten immer noch sieht. Trotzdem liegt es an dir zu entscheiden, ob die besagte Tasse ein schönes, wenn auch lädiertes Stück Erinnerung bleibt oder ein Ärgernis. Ist letzteres der Fall, dann stell sie ins Regal deiner Vergangenheit und bring sie nicht mehr täglich aufs Tablett.
Nicht alles kann immer wie Weihnachten 1984 sein.
Ich hatte eine klasse Kindheit und Jugend, die Weihnachtsfeste waren immer sehr lustig. Noch heute vermisse ich das Weihnachten meiner Kindheit, als wir zu viert echte Brettspiele gespielt und gelacht haben und mein Vater beim Monopoly so Sachen zu meiner Mutter gesagt hat wie: „Angela, wenn du das jetzt weißt, dann knie ich vor dir nieder!“ Das ist nur eine der vielen schönen Erinnerungen, und das Charakteristische an Erinnerungen ist nun mal, dass sie sich auf etwas beziehen, das vorbei ist.
Vergangenes feiern statt festklammern.
Natürlich gibt es auch ganz viel anderes, an dem ich festgehalten habe, obwohl ich innerlich wusste, dass es längst vorbei ist. Ich hatte ja schließlich 51 Jahre Zeit das alles zusammenzutragen.
Jobs, Menschen, Städte. Einige habe ich nicht schnell genug losgelassen, andere vielleicht sogar zu schnell. Sei es drum: Ich war wie gesagt beim Anschauen des Greta-Beitrags nicht nur ertappt, sondern habe mich auch direkt besser gefühlt, weil sie in diesem Beitrag einen Satz geteilt hat, mit dem sie diesen Situationen begegnet:
„Das gehört ab jetzt zu meinem Leben.“
Und je mehr ich über diesen Satz nachdenke, desto mehr versöhnt er mich mit dem, was vorbei und vergangen ist. Das ist vorbei und gehört ab jetzt zu meinem Leben. Das hat mich geprägt und zu der Person gemacht, die ich heute bin. Das hat mir Energie gegeben, auch wenn es sich anfangs vielleicht scheiße angefühlt hat. Das alles, was ich loslassen wollte oder musste, hat mir meine Richtung im Leben gegeben. Und diese Richtung stimmt.
Warum hat Trennungsschmerz kein positives Pendant?
Wenn etwas vorbei ist, kann das auch mal weh tun. Weil wir partout daran festhalten wollen, machen wir es uns oft noch schwerer. Da ist es auch ganz gleich, ob du einen Job an den Nagel hängen wolltest oder musstest, aus einer Beziehung ausgestiegen oder rausgeflogen bist oder deine Stadt verlassen hast. Wie zögern heraus, uns für etwas anderes zu entscheiden oder merken nicht, dass wir längst etwas anderes, vielleicht sogar Brillantes, Besseres angefangen haben.
Wenn ich jetzt das Weihnachtsfest weiter als Beispiel nehme, führe ich heute zu viert mit meinem Mann und unseren Söhnen die Tradition weiter, die ich von zu Hause mitbekommen habe. Lachen, essen, schenken, glänzende Augen, Zeit füreinander. Nur auf die Brettspiele hat außer mir keiner Bock. Da unser ältester Sohn in diesem Jahr achtzehn geworden ist, liegen inzwischen eine ganze Menge bezaubernder Feste hinter mir. Und es sieht glücklicherweise so aus, als wenn noch viele folgen.
Vorbei ist oft auch ein Voran.
Zu einer Kindheit gehört, dass sie irgendwann vorbei ist. Zu einer Jugend gehört, dass sie vorbeigeht, wie gerne würde ich manchmal noch mit meinem inzwischen bereits verstorbenen damaligen besten Kumpel Andreas auf dem Sofa bei unserer Klassenkameradin Barbara sitzen und „Word up“ mitsingen. Vorbei und als Erinnerung abgespeichert. Das gehört jetzt zu meinem Leben.
Ab heute werde ich an Weihnachten feiern, dass das alles zu meinem Leben gehört. Und dass 2022 wieder einige Dinge dazukommen sind. In diesem Sinne: Be more Greta. Ich wünsche dir eine großartige Adventszeit.