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Kategorie: Lifestyle

Digital Detox. Ein Selbstversuch

24. Januar 2021

Jetzt reicht‘s, denke ich eines Sonntagsmorgens, als ich schon vor dem ersten Kaffee drauf und dran bin, mit meinem Handy rumzudaddeln. Früher habe ich um diese Zeit gelesen, mit Katze und Kaffee und dieser ganz besonderen Ruhe, wenn alle anderen noch schlafen.

Heute lasse ich mich oft schon vom Instagram-Feed davontragen, bevor ich überhaupt ein Buch aufgeschlagen habe. Ich bin ein Smartphone-Nervenbündel! Also mache ich einen Selbstversuch: Ein Sonntag ohne Handy. Kann doch nicht so schwer sein, kann das doch nicht, oder …

Ein Sonntag ohne Smartphone.

8:08. Ich drücke auf den Aus-Button und lege mein Handy weg. Kurz überlege ich, wann ich das das letzte Mal gemacht habe. Und wie man es überhaupt wieder anschaltet …

8:15. Im Rheinland setzt Schnee ein, zum ersten Mal seit Jahren. Ich möchte begeistert vor dem Fenster rumhüpfen und ein Foto für Instagram machen … ach ne, geht ja nicht.

8:37. Sonntags schreibe ich meistens Blogartikel. Zum Beispiel diesen hier, ein paar Notizen wären da hilfreich. Panik. HILFE, WAS MACHE ICH DENN JETZT??? Es dauert einen Moment, bis der Groschen fällt und ich realisiere, dass man sich ja auch ganz analoge Notizen machen kann. So voll crazy mit Stift und Papier. Ich hole mein Notizbuch und atme einmal tief ein und aus.

Rund 88 mal greifen wir täglich zum Smartphone*.

Echt jetzt? Ja. Meistens, weil wir uns positive soziale Interaktion erhoffen. Denn jedes Like setzt unser inneres Belohnungssystem in Gang, und das fordert mit der Zeit immer mehr Bestätigung ein. Smartphones sind also die neue Schokolade. Meines ist zudem ein echter Störenfried, denn jedes Ping reißt mich komplett raus aus dem, was ich gerade tue. Kreativität? Produktivität? Beides kaum möglich, und ich fühle mich mies dabei. Das war doch früher nicht so. Ein bisschen kommt es mir so vor wie damals, als ich mein Tamagotchi hab verhungern lassen, um einfach auch mal durchzuschlafen.

9:00. Wäsche machen. Ich will mein Hörbuch weiterhören, aber ohne Handy klappt das ja nun nicht. Ich überlege. Streng genommen ist ein Hörbuch ein Buch. Und ein Buch ist immer ok. Ich mache die erste Ausnahme des Tages und höre glücklich mein Buch. Ich komme mir nur ein ganz kleines bisschen wie ein Verlierer vor.

9:22. Ich will in meinem Handy kurz mal was nachschlagen, was ich gerade im Buch gehört habe. Das wäre dann aber echte Handynutzung. Ich lass es.

Ca. 9:30. Es schneit immer noch.

10:44. Ein Newsletter trudelt auf meiner Handy-Oberfläche ein, der „Nur noch 48 Stunden“ verspricht. Ich rolle die Augen und nehme mir vor am nächsten Tag alle Push-Nachrichten auszustellen. Wieso hab ich das nicht längst????

Wir verlernen das Lesen und lernen das Überfliegen.

Bei der späteren Recherche für diesen Artikel erfahre ich, dass es Menschen, die viel am Bildschirm lesen, immer schwerer fällt auf Papier zu lesen. Hilfe, das bin ich. Ich beginne, Texte nach ihrem Informationsgehalt zu überfliegen, statt mich auf Geschichten einzulassen. Ich fange an, flach und ungeduldig zu denken**.  

11:00. Bildschönes Schneetreiben im Rheinland. Ich möchte mich auf den Boden schmeißen und weinen, weil ich kein Foto machen kann.

13:30. Unser Sohn möchte auf seinem Handy Bastelsachen bestellen. Nach anfänglichen Versuchen, mich komplett aus dem digitalen Bestellvorgang rauszuhalten, stecken wir die Köpfe über seinem Handy zusammen, um die Sachen auszusuchen, die er haben möchte, aber nicht finden kann. Klappt ja super mit dem Smartphone-freien Tag.

14:05. Es regnet. Ich stelle fest, dass ich eigentlich auch noch Fotos für den neuen Bock & Kohle Newsletter machen wollte, der am anderen Tag um 6:00 morgens rausgeht. Und huch, ein anderer Artikel ist ja auch noch ohne Fotos. Innerlich schlage ich die Hände über dem Kopf zusammen. Fünf Minuten später beschließe ich, eine andere Lösung zu finden. Es gibt da draußen so viele Fotos, wird schon irgendwie gehen.

Dinge, die ich an diesem Sonntag mit dem Smartphone gemacht hätte.

  • Notizen für diesen Blogartikel
  • Rezept zum Mittagessen nachschlagen
  • Shoppingbummel
  • Bei Insta rumhängen
  • Schnee fotografieren
  • Bei Insta Schnee posten
  • Alles andere fotografieren
  • Meine Schritte kontrollieren
  • Freundinnen zurückschreiben
  • In meinen Kalender gucken
  • Neuigkeiten über die USA googeln
  • In die Familiengruppe schreiben, dass das Essen fertig ist
  • Die Deckenlampe dimmen
  • Meine Blogstatistik ansehen

Das ist eine ziemlich stattliche Liste. Telefonieren und Mails schreiben fehlt, würde aber spätestens montags dazukommen. Die oben erwähnten 88 Handynutzungen am Tag kommen mir auf einmal frustrierend realistisch vor.

17:30. Was am Computer geschrieben, Fotos für den Blog rausgesucht, spazieren gegangen. Sport gemacht. Konzentration: top. Langsam merke ich, dass so ein Nachmittag (fast) ohne Handy echt ziemlich cool ist.

20:00. Stundenlang keinen Gedanken mehr ans Handy verschwendet. Ich setze mich entspannt vor die Glotze und möchte das Licht dimmen. Per App. Innerliches Augenrollen. Ich stehe auf und schalte es aus. Später fällt mir ein, dass wir auch eine Fernbedienung gehabt hätten.

23:00. Wecker stellen. Die zweite Ausnahme des Tages. Ich sehe, dass zwei Freundinnen mir vor Stunden geschrieben haben. Nicht wichtig heute, auch wenn ich mir ein bisschen unhöflich vorkomme. Der abschließende Gedanke am Abend: Das mache ich jetzt jeden Sonntag. Aber diesmal ohne Hörbuch, vielleicht echt ganz ohne digitale Geräte? Ich blinzle dem Kater zu und schlage mein Buch auf.

Mein Fazit nach einem (fast) Smartphone-freien Sonntag.

  • Rund 10 handgeschriebene Notizbuchseiten
  • Ein wirklich entspannter Nachmittag und Abend
  • Mehr Produktivität, weniger Zerstreutheit
  • Lieber ganz ausmachen als Ausnahmen machen
  • Mein Sonntag bleibt ab jetzt Smartphone-frei

Meine neuen Digital-Detox Regeln.

Das stelle ich in Zukunft ab – und du vielleicht ja auch:

  • Push-Nachrichten und andere Notifications
  • Gruppen (nur die Allernötigsten/Family)
  • Morgens beim Kaffee ins Handy gucken
  • Vor dem Einschlafen ins Handy gucken
  • Handy-Notizen (lieber handschriftlich ins Bullet Journal)

Wie sieht deine tägliche Smartphone-Routine aus? Hinterlasse mir deine Gedanken zum Thema in den Kommentaren!

*Quelle: Quarks/Universität Bonn