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Ich könnte jetzt hier eine flammende Rede darüber halten, wie stark Kreativität in Deutschland unterschätzt wird und dass man dies aktuell auch an der Art und Weise erkennt, wie mit freischaffenden Künstlern umgegangen wird. Aber Meckern hilft ja bekanntlich nicht viel.
Daher halte ich lieber eine flammende Rede darüber, dass jeder Mensch zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn ALICE IM WUNDERLAND lesen sollte. Um zu verstehen, wie Kreative denken und warum (nur) Kreativität die Welt retten wird. Eigentlich sollte man jedem, der in einer Werbeagentur oder wo auch immer anfängt, dieses Buch überreichen, statt seinen Horizont mit den immer gleichen Fachzeitschriften zu begrenzen.
Alice? Echt? Das ist doch Nonsens.
Ja! Literarischer Nonsens. Und ja, dieses Genre gibt es wirklich, und es hat seine eigene, elementare Logik: In ALICE passieren die unmöglichsten Dinge, die es so gar nicht geben kann. Ganze Sätze können rückwärts gelesen werden, Wortspiele werden wortwörtlich genommen, Kaninchen kommen zu spät zu Meetings, Kartenspiele rasten aus. Also wirklich. Als wenn jemals auch nur ein Kaninchen unpünktlich gewesen wäre.
Scherz beiseite: Was ist so besonders an ALICE, dass ihre Geschichte seit über 150 Jahren sowas wie ein literarisches Must-have darstellt? Soweit ich mich erinnere, hat Lewis Carroll, der eigentlich Mathematiker war, sie in den 1860ern mal beim Rudern auf dem See erfunden, um ein paar Kinder aus seinem Freundeskreis bei Laune zu halten.
ALICE IM WUNDERLAND ist ein brillantes Lehrstück im kreativen Denken.
Denn das Werk zeigt, warum Kreativität die Welt größer macht. Größer um die Dinge, die wir nicht sehen, bis man sie uns als Kunst vor die Nase hält. Größer um die illustren Persönlichkeiten, die ihr eigenes Original statt nur die Kopie der Gesellschaft sind, in der sie leben.
In Alices Wunderland ist alles anders, übliche Denkgewohnheiten, Sprache und Zeit werden komplett aus den Angeln gehoben. Zudem wird auf Hierarchien gepfiffen, Tiere sind schlauer als Menschen, Sachen entwickeln ein teilweise ziemlich böses Eigenleben. Und das alles völlig ungestraft, wie es ansonsten nur im Traum oder Brainstorming vorkommt.
Damit macht ALICE IM WUNDERLAND übrigens genau das Gleiche wie Apple: erfolgreich und dauerhaft den aktuellen Status Quo herausfordern.
Die Welt neu erfinden, indem man das konventionelle Denken infrage stellt. Denn Kreativität ist kultivierter Irrsinn mit dem Ziel, die Welt zu verbessern. Sie ist ein weites Feld, auf dem die schönsten Arten unter Naturschutz stehen. Kreativität ist, wenn du unermüdlich etwas anpflanzt in dem festen Glauben, dass bald das Paradies erblühen wird, auch wenn andere nur Schotter sehen. Und manchmal überraschst du dich selbst.
Leider werden in unserer Welt das Logische, das Uniformierte, das Graue und das Gleiche weit höher wertgeschätzt als das der Impuls, das Verrückte, das Gefühl und das Erträumte.
Man sollte aber nicht vergessen, dass es die Menschen mit einem Traum sind, welche die Welt verändern und nicht die, die am lautesten “Ich habe ein Argument” rufen.
Wer also seine Welt (oder sein Unternehmen) verändern möchte, sollte nicht auf Alexa setzen, sondern lieber auf ALICE. Und sich Folgendes aus dem Klassiker abgucken: Persönlichkeit, unbändige Neugier, Fröhlichkeit, Frechheit, Rechthaberei, Kompromisslosigkeit und den Mut, schlechte Ideen zu töten. Und jetzt kommst du mit deiner Digitalisierung und merkst nicht, dass um dich herum die Kunst stirbt.
Apropos Kunst:
ALICE IM WUNDERLAND ist nie nur eine Geschichte, sondern immer auch eine Augenweide. Heute gibt es zahlreiche illustrierte Ausgaben des Klassikers, unter anderem veredelt von Dalí. Meine Jubiläums-Ausgabe wurde 2015 von Gerstenberg zum 150. Jahrestag des Erscheinens von ALICE verlegt, mit zauberhaften Illustrationen von Floor Rieder. Das Buch ist ein Wendebuch und umfasst neben der Hauptgeschichte auch die Fortsetzung ALICE HINTER DEN SPIEGELN.
So, und jetzt geh und rette die Kunst. Oder frag dich zumindest ab und zu mal, was Alice tun würde, statt Alexa zu fragen.